Capoeira entwickelte sich aus überlieferte Stammestänzen der aus Angola nach
Brasilien verschleppten Bantu - Sklaven
Die schwarzen Leibeigenen gestalteten ihre ursprünglich friedlichen Tänze zu einer von den Sklavenhaltern gefürchteten Verteidigungstechnik um, bei der der ganze Körper als Waffe eingesetzt werden
kannCapoeira verbindet so Gegensätzliches wie Kampf und Tanz, Gewalt und Ästhetik, Spiel und tödlichen Ernst, Rituale und Spontaneität, choreographische Strenge und Bewegungs- Improvisation, Magie
und Realitätssinn, Körperschulung und Lebensphilosophie.
Wie es zum Namen Capoeira kam, ist rätselhaft, denn der Begriff hat unterschiedliche Bedeutungen. In der Sprache
der Tupi - Indianer und heute in Brasilien gebräuchlich, bezeichnet er ein Stück gerodeten Urwald mit halbhoher Bewachsung oder eine Vogelart, bei der das eifersüchtige Männchen oft böse Kämpfe mit
seinen Rivalen austrägt.
Auf den Plantagen war die Capoeira zunächst eine reine Kampftechnik. Die Musik kam erst später dazu - einmal zu Koordination der Bewegungen, vermutlich aber auch, um das Körpertraining als Tanz zu
tarnen : Die weißen Herren sollten denken, dass ihre Sklaven afrikanische Riten tanzten, während sie sich in Wahrheit auf Kämpfe vorbereiteten.
Immer wieder flüchteten Sklaven vor dem unerträglichen Leben auf den Zuckerrohrplantagen in den Urwald. Die in der Capoeira geschulten Körper waren zunächst die einzige Waffe bei der Verteidigung
ihrer Fluchtburgen, den Quilombos.
An der Schwelle des 19. Jhr. kam die Capoeira vom Land in die Städte. Die Kämpfer erlangten schnell den Ruf " unbesiegbarer Leichtfüße" und "Taugenichtse". Anfangs wurden Capoeirakämpfe verboten und
Anhänger verfolgt. Erst 1937 wurde das Verbot der Capoeira aufgehoben. Doch bis Mitte der 70er Jahre blieb dieser Kampf - Tanz mehr geduldet als erlaubt. Mit Capoeira wird bis heute noch vielfach
Armut, Kriminalität und eine schwarze Hautfarbe assoziiert.
Bei der Capoeira bilden Zuschauer und Teilnehmer einen Kreis (Roda), in dessen Mitte sich jeweils zwei Spieler mit angedeuteten oder ausgeführten Tritten, Schlägern, Drehungen und Sprüngen zu
übertreffen suchen.
Das Spiel wird von folgenden Instrumenten begleitet :
eine mit einen Ziegenfell bespannte Trommel (Atabaque), drei unterschiedlich gestimmte Musikbogen mit einer Kalebasse als Klangkörper ( Berimbau - siehe Abbildung), ein Schnellentamburin (Pandeiro),
zwei zusammengeschweißte Metallkörper, die mit einem Stock geschlagen werden (Agogo) und ein gezackter Kürbis, über den mit einem Stab gestrichen wird (Reco - Reco).
Der Klang des Berimbaus ist für die Capoeira, wie das Klopfen des Herzens für die Menschen. Das Berimbau
kommandiert die Roda, bestimmt das Spiel der Tänzer, das Tempo, die Aggressivität. Sobald das Berimbau verstummt, ist der Kampf beendet.
Eingeweihte können die verschlüsselten Botschaften des Berimbau verstehen : Sie wissen, dass beim Klang von "lúna", der zu Ehren eines Verstorbenen Capoeirista angestimmt wird, das Spiel nur den
Lehrern oder Meistern vorbehalten ist.
Fast jede Roda beginnt mit einer "ladaínha". In diesem von Solisten vorgetragenen Lobgesang werden die afrikanischen Götter und der katholische Gott gepriesen, Legenden erzählt oder es wird alter
Capoeira- Meister bedacht.
Dabei hocken die jeweiligen Spieler unterhalb des Berimbaus - es ist ein Moment der Sammlung, der Konzentration und Fürbitte. Oft bekreuzigen sich die Kontrahenten oder segnen den Boden der Roda
bevor sie das Spiel beginnen.
Mestre Bimba
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Mestre Pastinha
Vincente Ferreira Pastinha, der Sohn von José Señor
Pastinha, einem Spanier und Eugênia Maria de Carvalho, einer Afro-brasilianerin, wurde am 05.04.1889 in Salvador geboren.
Als Mestre Pastinha 8 Jahre alt war kam er mit Capoeira in Berührung durch den Afrikaner Benedito.
Er hatte eine angenehme Kindheit. Er besuchte die Schule “Liceu de Artes e Ofício“, wo er malen und zeichnen lernte.
Nebenbei trainierte er fleißig Capoeira mit Beneditofür weitere drei Jahre. Später ging er auf Wunsch seines Vaters auf eine Segelschule, wo die Ausübung von Capoeira nicht unterstützt wurde. Schon
in dieser Schule brachte er seinen Schulkameraden immer Capoeira in den Pausen bei.Mit 21 Jahren verliess er diese Schule um ein professioneller Maler zu werden, und trainierte immer heimlich
Capoeira, da die Ausübung zu dieser Zeit immer noch illegal war.
1942 gründete Mestre Pastinha die erste Schule für Capoeira Angola, das „Centro Esportivo de Capoeira Angola“ in Salvador,
Bahia. Die Tradition der schwarzen Hosen und gelben T-Shirts wurde von Mestre Pastinha eingeführt, weil sie die Farben seines Lieblingsfußballclubs dem “Ypiranga Futebol Clube“
waren.
Mestre Pastinha ist der bekannteste Vertreter der Capoeira Angola. Capoeira Angola ist die traditionelle Form des Spiels,
die durch ein langsames Spiel in Bodennähe charakterisiert ist. Hier haben die spirituellen Aspekte, insbesondere die malícia (frei und unzureichend übersetzt mit Schlitzohrigkeit) eine stärkere
Bedeutung. 1964 veröffentlichte er sein eigenes Buch “Capoeira Angola“.
Mestre Pastinha arbeitete nebenbei als Schuhputzer, Schneider und Goldschürfer um das zu sein was er liebte, ein
Angoleiro.
Er widmete sein ganzes Leben der Capoeira Angola und dem Ziel, dieser zu allgemeiner Anerkennung zu verhelfen. Aber am
Schluss fühlte er sich betrogen von den falschen Versprechungen und der fehlenden Unterstützung der Regierung. Am Endelebte er allein und blind in einer städtischen Unterkunft ohne der geringsten
Unterstützung der Regierung. Aber laut seiner Freunde blieb er klar und leuchtend bis zu seinem Tod.
Am 12.4.1981 spielte er sein letztes Capoeira-spiel und am 13.11.1981 starb Mestre Pastinha sehr krank und blind im Alter
von 92 Jahren.